Wohngifte: Unsichtbare Schadstoffe in Innenräumen
Wohngifte sind chemische Substanzen, die aus Baumaterialien, Möbeln und Einrichtungsgegenständen in die Raumluft ausgasen und dadurch die Gesundheit belasten können. Diese Innenraumschadstoffe können über Jahre hinweg kontinuierlich freigesetzt werden und sich in der Atemluft oder im Hausstaub ansammeln.
Häufige Wohngifte und ihre Quellen
Die häufigsten Wohngifte lassen sich in verschiedene Kategorien unterteilen:
- Flüchtige organische Verbindungen (VOC) wie Lösemittel in Farben, Lacken und Klebstoffen gasen besonders in den ersten Wochen nach der Anwendung stark aus. Zu den kritischsten VOCs gehören Benzol (krebserregend), Toluol, Xylol und Styrol aus verschiedenen Baumaterialien. Typische VOC-Quellen sind Anstrichstoffe, Bodenbeläge, Möbel aus Spanplatten und Reinigungsmittel.
- Formaldehyd gehört zu den bekanntesten Wohngiften und findet sich hauptsächlich in verleimten Holzwerkstoffen wie Spanplatten, aber auch in Textilien, Teppichen und Kosmetika. Der Stoff kann jahrzehntelang aus Materialien ausgasen.
- Schwerflüchtige Verbindungen (SVOC) wie Weichmacher, Flammschutzmittel und Holzschutzmittel belasten die Raumluft langfristig und können sich im Hausstaub anreichern.
- Schwermetalle wie Blei aus alten Farben und Rohren, Quecksilber aus Amalgamfüllungen oder Cadmium aus Kunststoffen können über Staubpartikel oder Ausgasungen in die Raumluft gelangen.
- Pestizide und Biozide aus Holzschutzmitteln sind besonders in Altbauten problematisch. PCP (Pentachlorphenol) und Lindan aus den 1980er Jahren, aber auch moderne Pyrethroide in Mottenschutzmitteln können jahrzehntelang ausgasen.
- Spezielle Schadstoffe umfassen PCB (Polychlorierte Biphenyle) aus alten Dichtmassen, das radioaktive Bodengas Radon, Asbest in Altbauten oder Chloranisole (CLA), die den typischen muffigen Geruch verursachen.

Gesundheitliche Auswirkungen
Wohngifte können verschiedene gesundheitliche Beschwerden auslösen, darunter Schleimhautreizungen, Kopfschmerzen, Atemwegserkrankungen, Allergien und allgemeines Unwohlsein. Chronische Einwirkungen geringer Konzentrationen sind bei gleicher Gesamtaufnahme gesundheitlich gefährlicher als einmalige hohe Konzentrationen, wobei die schädliche Konzentration meist unter der wahrnehmbaren Geruchsschwelle liegt.
Besonders sensible Menschen, Kinder und schwangere Frauen können bereits auf geringe Mengen reagieren. Eine aktuelle Langzeitstudie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung stellte fest, dass das Risiko für Atemwegserkrankungen bei Kindern signifikant um den Faktor 5 ansteigt, wenn während oder kurz nach der Schwangerschaft renoviert wurde.
Vermeidung und Reduzierung
Der wichtigste Schutz vor Wohngiften beginnt bereits bei der Auswahl der Materialien. Schadstofffreie Möbel aus massivem, unbehandeltem Holz und natürlichen Oberflächenbehandlungen reduzieren die Belastung erheblich.
Erkennungsmerkmale: Ein erstes Warnzeichen für eine hohe Schadstoffkonzentration kann der typische „Neugeruch“ sein. Riechen neue Möbel oder Materialien auffällig, ist das oft ein Hinweis auf ausgasende Schadstoffe.
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Moderne Schadstoffe in Produkten
Neben den klassischen Wohngiften sind heute neue Substanzen problematisch: Weichmacher (Phthalate) aus Kunststoffböden und Spielwaren, Flammschutzmittel (PBDE) aus Textilien und Elektronikgeräten sowie perfluorierte Verbindungen (PFAS) aus wasserabweisenden Beschichtungen können langfristig die Raumluft belasten.
Diese modernen Schadstoffe sind oft schwer erkennbar, da sie geruchlos sind und erst nach längerer Zeit gesundheitliche Auswirkungen zeigen können. Ihre Konzentration in Innenräumen ist häufig höher als in der Außenluft.
Präventive Maßnahmen
- Materialauswahl: Achten Sie auf Prüfsiegel und Emissionsklassen bei Möbeln und Baustoffen. Naturholzküchen und Möbel aus massivem Holz mit natürlichen Oberflächenbehandlungen sind deutlich schadstoffärmer als verleimte Produkte.
- Lüftung: Regelmäßiger Luftaustausch ist essentiell. Die Verbraucherzentrale empfiehlt mindestens drei bis vier Mal täglich eine Stoßlüftung für fünf bis zehn Minuten.
- Professionelle Beratung: Bei Verdacht auf Schadstoffbelastung sollten Sie sich von Fachleuten beraten lassen. Eine ganzheitliche Beratung kann helfen, bereits in der Planungsphase schadstoffarme Lösungen zu finden.
Moderne Herausforderungen
Da viele Modernisierungsmaßnahmen den natürlichen Luftwechsel verringern, ist neben einer Sanierung vorhandener Schadstoffquellen und einem realistischen Lüftungskonzept auch die Wahl schadstoffarmer Bauprodukte entscheidend. Aber: Schadstoffgeprüft heißt nicht schadstoffrei – der Hinweis ‚lösemittelfrei‘ oder gar der ‚Blaue Engel‘ sind kein Garant für Unbedenklichkeit.
Die Hersteller weichen zunehmend auf Ersatzstoffe aus, die nicht immer unbedenklicher sind. Wasserlösliche Lacke können beispielsweise hohe Glykolanteile aufweisen, die monatelang ausgasen können.
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Langfristige Betrachtung
Wohngifte sind ein wachsendes Problem in modernen, gut gedämmten Gebäuden. Die Crux ist: Nicht alle Stoffe, die sich in der Raumluft befinden, lassen sich bislang in ihrem Risiko für den Menschen sicher beurteilen. Eine vorsorgende Herangehensweise bei der Materialauswahl und ein Bewusstsein für mögliche Quellen sind daher besonders wichtig.
Die Investition in nachhaltige Möbel aus natürlichen Materialien zahlt sich langfristig nicht nur für die Raumluftqualität, sondern auch für die Lebensqualität der Bewohner aus.
Quellen zu diesem Artikel
Die folgenden wissenschaftlichen Quellen und offiziellen Institutionen bieten weiterführende Informationen zu diesem Thema:
- Umweltbundesamt – Flüchtige organische Verbindungen: https://www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/umwelteinfluesse-auf-den-menschen/chemische-stoffe/fluechtige-organische-verbindungen
- Umweltbundesamt – Formaldehyd: https://www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/umwelteinfluesse-auf-den-menschen/chemische-stoffe/formaldehyd
- Verbraucherzentrale NRW – Schadstoffe in Innenräumen: https://www.verbraucherzentrale.nrw/wissen/umwelt-haushalt/wohnen/schadstoffe-in-innenraeumen-was-sie-dagegen-tun-koennen-12463
- Bundesamt für Gesundheit (Schweiz) – Wohngifte: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesund-leben/umwelt-und-gesundheit/wohngifte.html
- Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – Renovieren in der Schwangerschaft: https://www.ufz.de/index.php?de=35808
